Grainauer Fosenacht: die wahre Kunst

Hinter den Larven und Kostümen der Grainauer Fosenacht stecken uralte Traditionen und aufwendige Schnitzarbeit.

Sie ist ein kostbares Stück Handwerkskunst und das Kernstück der Grainauer Fosenacht: die Larve, eine aus Holz geschnitzte Maske. Manche von ihnen sind weit über 100 Jahre alt, wurden innerhalb der Familie von Generation zu Generation weitervererbt. Ihr Mienenspiel, ihre Grimassen, ihr Ausdruck sind so individuell wie die Menschen, die sich hinter ihnen verbergen. Und jede ist ein handgeschnitztes Unikat.

Bräuche der Grainauer Fosenacht

Manch einer hat eine ganze Reihe von ihnen im Schrank zu Hause, um nach Stimmung und Bedarf daraus auszuwählen. Denn, so erklärt der Larvenschnitzer Simon Buchwieser, es gehöre zu den Eigenarten der Grainauer Fosenachtsbräuche, dass nicht erkannt wird, wer sich hinter der Gesichtsbedeckung versteckt, wenn der Kopf auch noch mit einem Tuch oder einer Windel umwickelt und von einem Hut bedeckt ist.

„Die größte Kunst“, berichtet er schmunzelnd, „besteht tatsächlich darin, beim Bier im Wirtshaus die Larve so zu lüften, dass man richtig trinken kann, aber keiner erkennt, wer das ist.“

Mit zwölf Jahren hat der Grainauer angefangen zu schnitzen, „wie der Michel aus Lönneberga“, lacht er. „Wir hatten auch einen Schuppen zum Absperren von innen und außen.“ Seit den 1970er-Jahren hat er sich auf die traditionsreichen Larven der Grainauer Fosenacht spezialisiert. Zunächst als Freizeitbeschäftigung neben dem Beruf. Nun, im Ruhestand, als Leidenschaft das ganze Jahr über: „Im Laufe der Zeit wird das zur Sucht“, sagt der 67-Jährige.

Jedes Stück ein Unikat

Das Faszinierende daran ist für ihn, dass es unmöglich ist, zweimal genau die gleiche Larve zu schaffen, selbst wenn man das wollte. „Das Holz ist natürlich gewachsen, da gibt es immer wieder Unterschiede, was man daraus macht.“

Am aufwendigsten, so berichtet er, ist die Innenseite. „Die Nase muss passen. Die Mundpartie muss möglichst dünn ausfallen und braucht ausreichend Resonanzraum, damit die Stimme noch verständlich ist“, macht er die Feinheiten seiner Arbeit deutlich. Vom Äußeren her seien es dann „Gesichtslandschaften“, die er gestaltet.

Warum der Aufwand für die Erkennbarkeit der Stimme, wo doch die Musik und der Lärm der „Schellenrührer“ das tonangebende Element der Grainauer Fosenacht sind? Das sei aber nur ein Teil des Brauchtums, erklärt Buchwieser. „Die Masken sind auch dazu da, dass man darunter seine Freiheit leben kann.“ Eine Freiheit, zu der auch gehört, dass man einem anderen ordentlich die Meinung sagt, ihn „ausrichtet“. Ein Fosenachtselement, das nicht nur im Werdenfelser Land zur narrischen Zeit gehört: Auch an Main und Rhein gehört die Kritik an der Obrigkeit zum Karneval.

Wenn die Maschkera umziehen

Ihren wichtigsten Auftritt haben die Maskierten beim „Gungln“. Dabei ziehen kleine Gruppen mit Gesang und Tanz durch den Ort und seine Gasthäuser. Das fängt noch bei Tageslicht an und zieht sich bis tief in die Nacht hinein. In Grainau findet das immer an dem Donnerstag statt, der der Faschingswoche vorausgeht. „Dann treffen sich die einzelnen Gruppen, ziehen ihre Kostüme und Larven an und machen sich auf den Weg“, erläutert Korbinian Riesch den Ablauf. Er ist Vorsitzender im Verein der Grainauer Fosenacht und selbst als „Maschkera“, also Träger dieser Masken, unterwegs. Daher kennt er auch die anstrengendste Rolle unter den diversen Gestalten, die typisch für die Grainauer Fosenacht ist: die Schellenrührer.

Schwere Kuhglocken, oft aus altem Familienbesitz, haben sie umgeschnallt, knapp oberhalb der Hüfte tragen sie diese auf dem Rücken und versuchen mit möglichst geschickten Bewegungen – dem „Rühren“ – sie kräftig und rhythmisch zum Läuten zu bringen. „Eine Kunst, die man im Laufe der Zeit und mit großer Anstrengung erlernt“, meint Riesch.

Der Fosenachtsverein, der in der Faschingszeit die Termine koordiniert, hält sich beim „Gungln“ selbst im Hintergrund. „Da sind die einzelnen Gruppen, die sich gut kennen, völlig eigenständig“, bekräftigt Riesch. Allerdings trägt der Verein seinen Teil dazu bei, dass auch alle anderen ihren Spaß haben. Zum Beispiel, indem er Veranstaltungen für Kinder auf die Beine stellt.

In der Zugspitzarena Bayern-Tirol ist Brauchtum lebendig. Hier geht es zu weitere Traditionen & Brauchtümer aus der Region.

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